OFFLINE

Prunkte auf der Titelseite lange das Gesicht der lieben Frau Merkel oder irgendwelcher anderer politischen Größen, so war der heutige Aufmacher eine echte Abwechslung und zudem unserem derzeitigen Seminarthema zuträglich.
“Zerreißt das Netz“ lautet der Titel der Mittwochsausgabe der TAZ. Ein beide Zeitungsseiten ausfüllendes, farbig gestaltetes Titelbild zeigt die Welt umwoben von Computerkabeln. Thema heute ist der von Mittwoch bis Freitag stattfindende Weltinformationsgipfel in Tunis. 17.000 Menschen aus 175 Ländern treffen zusammen. Hauptdiskussionspunkt ist die Frage: Wer kontrolliert das Netz? Zeigte man sich auf dem Gipfel im Jahre 2003 noch im optimistischen Gewand und prophezeite die Überwindung des „digital divide“ bis zum Jahre 2015, so erinnert das heutige Treffen wohl eher an eine vom Platzen bedrohte Seifenblase. Streitpunkt ist der bisher unzensierte globale Informationsfluss. Länder wie beispielsweise China drohen aus dem weltweiten Netz auszusteigen sollten ihre Forderungen übergangen werden. Sie sehen ihre Kultur und ihre innenpolitische Stabilität gefährdet und pochen auf eine demokratische Struktur bei der Verwaltung des Internets. Derzeit untersteht die Verwaltung und damit auch die Kontrolle des Internets der USA. Die Netzwerkzentrale Icann (Internet Corporation for Assigned Names an Numbers) untersteht dem US-Handelsministerium. Ohne diese Netzwerkzentrale würde keine Suchanfrage im Internet ihr Ziel finden. Sie ist auch für die Zulassung von Domainendungen wie „de“ und „com“ zuständig. 13 Computer formieren den sogenannten Root-Server. Das Herz und gleichzeitig das Gehirn des Internets.
Natürlich sind die USA von Novellierungen hinsichtlich des Verwaltungskonzeptes des Internets alles andere als begeistert. Bereits derzeit werden 9 Prozent des gesamten Weltmarktes über das Internet abgewickelt, eine Million Menschen verfügen über einen Internetzugang – klar das man eine solche Macht nur ungern mit anderen teilt. (Macht die USA ja ohnehin nicht so gerne.) INTERNATIONALISIERUNG DER KONTROLLE DES INTERNETS, „WELT-INTERNET-RAT“ - von derartigen Konzepten wollen die USA nichts hören. Eher sind sie beleidigt, weil ihrer Meinung nach ihre bisherige Arbeit nicht genügend gewürdigt wird: Bisher hat doch alles blendend geklappt. Natürlich gibt es kleine störende Details, wie beispielweise die kursierenden Foltervideos, in denen sich amerikanische Soldaten in Barbarei an irakischen Soldaten vergehen. Na ja, wie gut das die USA an der Quelle sitzt: Ein Klick und schon existiert ein Land weniger auf der Welt- zumindest im Weltverständnis der USA. Krisenintervention nennt man das oder so ähnlich, nicht wahr Herr Bush?
Ein zufriedenstellendes Ende des Gipfels scheint bisher nicht in Sicht. Die USA zeigt sich derzeit alles andere als kommunikativ, eine Zersplitterung des Internets kann so nicht ausgeschlossen werden. Ein Einlenken aller Beteiligten ist dringend erforderlich, um das unbegrenzte Reisen im Internet und damit auch den reibungslosen Informationsaustausch weiterhin zu ermöglichen.
Yours - 16. Nov, 22:22
0 Kommentare - Kommentar verfassen - 0 Trackbacks
Trackback URL:
https://yours.twoday.net/stories/1160424/modTrackback