
Es regnet und ich bin glücklich. Mein Regenschrim bleibt in der Tasche. Tropfen bahnen sich den Weg über mein Gesicht. Nein, geweint habe ich nicht! Die Tropfen schmecken bitter. Nicht nach Salz. Vielleicht wird der saure Regen mich auflösen. Ich glaube meine Zunge schmeckt schon nicht mehr. Ich gehe durch die Seitengassen der Stadt. Jeden Schritt höre ich auf dem Kopfsteinpflaster. Meine Schritte. Komisch. Ich mache einen unrhythmischen Hüpfer. Höre diesen auf den blanken Steinen und von den leeren, finsteren Häuserfassaden wiederhallen. Leere. Alle Fenster sind dicht verriegelt. Gibt es etwas zu verriegeln? In einem Fenster. Licht. Ich komme nicht umher näher zu treten. So klar, so reizvoll ist der helle Schein. Die tropfengetrübte Sicht macht es mir zunächst schwer zu sehen. Ich trete näher. Ein Bettgestell. Ein Fernseher laut aufgedreht. Ein alter Mann. Ich versuche in seinem Gesicht zu lesen. Schmerzen. Verkrampft richtet er sich auf. Nein! Er schaut kein Fernsehen. Schaut nicht nach draußen. Schaut gar nicht mehr. Nur Dunkel. Aus der Ferne schwappen der Einkaufslärm und verlockende, fröhliche Stadtmusik über die dunklen Dächer zu mir in diese dunkle Straße. Der alte Mann kann sie nicht hören. Ich will sie nicht mehr hören. Ich kann nicht zu ihm. Er nicht zu mir. Aber ich denke gerade an ihn. Werde ihn nie vergessen. Auch wenn er glaubt alleine zu sein.
Yours - 8. Mai, 22:00
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